Was haben Mannschaften, die Blindenfußball spielen, und das Qualitätsmanagement gemeinsam? Beide brauchen gelebte Prozesse, klare Vorgaben, Strategien und einen, der die Richtung vorgibt. Ist also blindes Verständnis im QM nötig oder überhaupt möglich?
Vor ein paar Monaten im Hotel in Göttingen traf ich auf die Fußballnationalmannschaften für Blinde aus der Bundesrepublik Deutschland sowie der Türkei. Mit welchem Selbstverständnis die Spieler durch das Hotel gingen oder geführt wurden und die einzelnen Prozesse, ob beim Training oder auch im Restaurant, gegriffen haben, das hat mir sehr imponiert und irgendwie an das tägliche Leben als QMB erinnert. Sehr viele Dinge sind einfach in gewisser Weise vergleichbar.
Die Führung ist wichtig
Beim Blindenfußball können die Spieler – wie der Name es schon sagt – nicht sehen. Der einzige, der gemäß den Regeln sehen darf, ist der Torwart, der damit seine fünf Mitspieler dirigiert. Hinter dem gegnerischen Tor ist noch eine Person – der Guide – platziert, der den Spielern Hinweise gibt und für Orientierung sorgt.
Was will uns das für das Qualitätsmanagement sagen? Richtig, auch hier leben wir von der Führung. Einer muss die Richtung vorgeben. Normativ gesprochen: die Führung der Organisation. Wenn die Führung keine Hinweise gibt, dann laufen die Mitarbeiter ebenfalls wie blind über das Feld und kommen keinen Schritt richtig vorwärts.
Risikobetrachtung
Jede Firmenleitung, die ein QM-System eingeführt hat, muss auch Risiken betrachten. Was können Risiken auf dem Spielfeld sein, wenn man nicht sehen kann? Spieler können sich verletzen, wenn sie aufeinanderprallen. Dieses Risiko wurde erkannt und damit gelöst, dass die Spieler einen Kopfschutz tragen müssen. Warum sollte die Risikobetrachtung im Sport nicht auch zum Beispiel per FMEA stattfinden können?
Effektive Prozesse im Qualitätsmanagement
Wenn beim Blindenfußball Prozesse nicht greifen, dann kann das Spiel nur verloren gehen. Es sei denn, der Gegner hat noch schlechtere Prozesse. Ein Spieler hört den Ball anhand einer im Ball eingebauten Rassel. Die Spieler sind so ausgebildet, dass sie mit einer besonderen Lauftechnik den Ball konstant eng am Fuß führen. Sie halten dann Ball bis zum Pass oder Torschuss immer unter totaler Kontrolle. Geführt werden sie dabei vom Guide hinter dem gegnerischen Tor. Erkennen Sie den Zusammenhang zum QM-System?
Miteinander statt gegeneinander
Ein Zeichen, dass es auch miteinander geht, ist der Strafstoß. Entgegen dem „großen Bruder 11 Meter“ wird dieser hier aus 6 Metern ausgeführt. Die Tore und das Feld sind auch deutlich kleiner. Doch woher weiß der Schütze, wo das Tor ist und wie er positioniert ist? Hier klopft der gegnerische Torwart an den linken und den rechten Pfosten, um für entsprechende Orientierung zu sorgen.
Alle kennen das System und den aktuellen Verlauf
Wie ist es möglich, dass alle am Spiel beteiligten Spieler den aktuellen Stand haben? Diese müssen genau wie in unseren Betrieben über den aktuellen Stand auf dem Laufenden gehalten werden. Wie heißt es so schön: Sie müssen „abgeholt“ werden. Hier sind als Multiplikatoren zwei Moderatoren am Spielfeldrand, die den aktuellen Verlauf den Auswechselspielern mitteilen.
Welche Rolle hat der QMB?
Der QMB ist mit dem Schiedsrichter zu vergleichen. Denn was haben beide gemeinsam? Sie überwachen die Regeln/Vorgaben. Der Schiedsrichter überwacht die Regeln, die vorgegeben sind, um einen geregelten Ablauf zu gewährleisten. Werden diese etwa durch Foul nicht eingehalten, dann greift er ein.
Die gleiche Aufgabe hat der QMB auch. Er muss, im Auftrag des Regelgebers, der Geschäftsführung, dafür sorgen, dass diese eingehalten werden. Werden die Prozesse gemäß den Vorgaben durchgeführt oder kommt es bei der Durchführung zu Abweichungen?
Fazit
Ich war begeistert von der Effektivität des Blindenfußballs. Mein Respekt für so viel Koordination und Konstanz ist unermesslich. Die Prozesse, die Führung, die Risikobetrachtung, das Miteinander – um nur mal einen Teil zu nennen – sind die Duplizität eines gelebten QM-Systems. Vielleicht können wir sogar von den Blindenfußballern noch etwas lernen?
Blindenfußball wird seit 2006 in Deutschland gespielt. Die Bundesliga, die 2011 ihren Spielbetrieb aufgenommen hat, reist dazu durch Deutschland und spielt ihre Spieltage auf Marktplätzen o.a. aus. Alle acht Mannschaften sind an einem Spieltag an einem Ort vertreten. Weitere Informationen dazu sind hier zu finden: www.blinden-fussball.de
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